Bug Report. Digital war besser
»Wie würden Sie das Internet beschreiben?«
»Als die Hölle in bunt, mit Nullen und Einsen. Eine binäre bunte Hölle.«
– Bernd das Brot
Bei kaum einem Medium fallen Theorie und Praxis so wenig in eins wie bei Computern und dem Internet. Wir lesen Blogs, auf denen in einer Breite und Tiefe über nischenhafte Popmusik gesprochen wird, wie es im »goldenen Zeitalter« des Pop-Journalismus niemals möglich gewesen wäre. Wir halten unsere Plattensammlungen mit Datenbanken, die von ihren NutzerInnen gefüllt werden, auf dem neuesten Stand. Gleichzeitig steht uns ein Großteil der Musikgeschichte mit ein paar Suchanfragen zur Verfügung – womöglich illegal, auf jeden Fall aber kostengünstig. Auch die testcard-Redaktion selbst, die sich zwischen drei Großstädten und einer bayerischen Universitätsstadt aufteilt, wäre ohne das Netz kaum koordinierbar.
Trotzdem hört man gerade in sub- und gegenkulturellen Kreisen Klagen, die weit über die Kritik an der Datensammlung durch Regierungen, Geheimdienste und Medienkonzerne oder mickrigen Spotify-Einnahmen hinausgehen. Von »digitaler Erschöpfung« ist da die Rede oder von »kommunikativem Kapitalismus«, von einer Verschränkung von Liberalismus und Kybernetik, der Herrschaft der Algorithmen oder vom »fucking Internet«. Zeit für eine Bestandsaufnahme jenseits von kalifornischer Ideologie und »Disruption«, aber ausdrücklich nicht auf der Seite derjenigen, die mit aller Macht ihren Einfluss von den alten Medien in die neuen herüberretten wollen.
Vielleicht sprechen wir letztlich über ein altes Problem: Was ist die Basis, was der Überbau, wie verhalten sie sich zueinander? Das Sprechen über Digitalisierung und das Netz fällt uns vielleicht deshalb schwer, weil die Form von Technologie nicht ohne ihren polit-ökonomischen und sozialen Rahmen zu denken ist. Oder sind ein anderes Computing und ein anderes Netz möglich?
Aus dem Inhalt: Sounds der Digitalisierung >> Verschaltete Welt >> Kleine Genealogie des Computers >> Digitales ABC >> Zustand und Zukunft des Webcomics >> Digitale vs. analoge »Gegenwart« >> Nathan Jurgensons Webtheorien >> Mensch-Maschinen und Roboter >> Erzählen in der Digitalisierung >> Altern der digitalen Ästhetik >> Retrospieleboom >> Ungegenstand der Musikinformatik >> Let’s Player >> Indie-Computerspiele >> Ästhetik des Post-Digitalen >> ...
Inhaltsverzeichnis
Christian Werthschulte:
(right now, please). Warum die digitale Gegenwart irgendwie auch nicht besser als die analoge geworden ist
Roger Behrens:
Digital ABC
Roger Behrens:
Digitale Frist. Computer. Pop. (Beta-Version)
eve massacre:
Network of blood. Von »Augmented Reality« bis zum »Liquid Self«: Nathan Jurgensons Webtheorien
Waltraud Blischke:
Bugs, Big Data und die UnverNETZbaren. Ein Gespräch mit Peter Bittner, Stefan Hügel und Julia Stoll vom FIfF
Marco Schröder:
Eine Maschine für alle Maschinen. Kleine Genealogie des Computers mit Implikationen für seine Anwendung in Philosophie und Musik
Raphael Smarzoch:
Rumorende Algorithmen. Die Sounds der Digitalisierung
Flora Könemann & Chris W. Wilpert:
Part of your distortion. Effekte im Zeitalter ihrer Re-Auratisierung
Julian Rohrhuber:
Dienst nach Vorschrift. Über den Ungegenstand der Musikinformatik
Waltraud Blischke:
t-cardcomp. Die Musikliste zur ungeregelten Geschmacksynthese
Jonas Engelmann:
In Love With the Modern World. Ein virtueller Roundtable über Zustand und Zukunft des Webcomics hierzulande
Carl Wiemer:
Das schnelle Altern der digitalen Ästhetik. Samuel Beckett und der Zenit ?ästhetischer Modernität
David Schwertgen:
Der Autor im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
Johannes Ullmaier:
Human Trouble. Transhumane Anthropologie im Turing-Test
Hommer / Lenzin:
Parolen aus der Stadt. Abenteuer eines Wolfes. Episode 3
Bettina Wilpert:
Guided by Voices. Erzählen in der Digitalisierung
Waltraud Blischke:
»Wenn man damit Geld verdienen kann, muss das ja salonfähig sein.«
Ein Gespräch mit dem Let’s Player SgtRumpel
Philipp Eichhorn:
Technology in our hands. DIY als Totengräber des Fortschritts anhand des Retrospielebooms
Fiona Sara Schmidt:
Die Geschichte muss das Medium notwendig machen. Die Spieledesignerin Lea Schönfelder über Autorenspiele, Zensur und perfekte Posen
Benedikt Frank / Thomas Schröder:
Wo andere Urlaub machen. Arbeit im Spiel, Spiele als Arbeit
http://www.testcard.de/titel/1613/testcard-24-bug-report-digital-war-bes...