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Kunst im Zeichen der Technik

mit Birgit Schneider und Margarete Voehringer

Birgit Schneider: Textiles Prozessieren. Eine Mediengeschichte der Lochkartenweberei
Das zentrale Prinzip der frühen Informationsverarbeitung mittels Lochkarten entstand aus einem Kunsthandwerk, nämlich aus der Seidenweberei. »Die ersten Bilder, die von ihrem Bildkörper abgelöst wurden, um als Bildcode verarbeitet zu werden, waren Gewebe. Der Bildcode bestand aus einem Stapel gelochter Karten für die Verwendung im Steuerungsmechanismus eines Webstuhls und war hier noch begreifbar: das Bild, wenn es aus dem Stapel dieser Karten gewoben wurde, war ein textil-taktiles Produkt.« Im Nachzeichnen einer Historiographie der Lochkarte gelangt die Autorin an einen Quellpunkt der Digitalisierung: Im Kontext der Höfe und insbesondere des absolutistischen französischen Hofes begann die Geschichte von Automatenbau, Kybernetik und Steuerung, zu deren Hauptprotagonisten die Musterweberei zählte. Weshalb gerade diesem Handwerk diese Rolle zukam, ist bislang noch nicht zum Gegenstand systematischer Erforschung geworden. Der reich bebilderte Band zeigt sowohl die technokulturellen Kontexte wie auch die ideengeschichtlichen Bedingungen elektronischer Bilder.
Margarete Voehringer: Avantgarde und Psychotechnik - Wissenschaft, Kunst und Technik der Wahrnehmungsexperimente in der frühen Sowjetunion
Zum 90. Jubiläum der sozialistischen Oktoberrevolution wagt Margarete Vöhringer einen neuen Blick auf die darauf folgenden 20er Jahre. Statt die Umwälzung der Machtverhältnisse in Russland entlang von ideologischen Debatten zu beschreiben, geht sie einer noch wenig bekannten, folgenreichen Verbindung nach: Avantgarde und Psychotechnik. Sie richtet dabei ihr Augenmerk auf die Praktiken der Künstler und Wissenschaftler, die diesen beiden Bereichen angehörten, vergleicht ihre Labore und Werkstätten, Apparate und Experimente: Das Experiment der Moderne war mehr als bloße Utopie, es war unerschrockene Praxis. Die drei wichtigsten Protagonisten dieser Studie gelten bislang als geheime Hauptfiguren der Avantgarde: der Architekt Nikolaj Ladovskij, der in seinem »Psychotechnischen Labor für Architektur« eine Reihe von Wahrnehmungsapparaten baute; der Filmemacher Vsevolod Pudovkin, der in Ivan Pavlovs Labor einen Film drehte und dabei nicht nur mit Tieren experimentierte; der Philosoph Aleksandr Bogdanov, der kollektive Bluttransfusionen durchführte, um psychisch erkrankte Arbeiter zu heilen. Ergänzt werden ihre außergewöhnlichen Experimente durch Bezüge zu den viel berühmteren Kollegen Vassily Kandinsky, Le Corbusier, Vladimir Tatlin, El Lissitzky und Dziga Vertov.