Hans-Jörg Rheinberger, Staffan Müller-Wille. Vererbung. Geschichte und Kultur eines biologischen Konzepts
Buchvorstellung mit den Autoren
Vererbung ist ein Begriff, der so allgegenwärtig geworden ist, dass man kaum glauben mag, dass dessen Übertragung auf biologische Phänomene erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert erfolgte. Hundert Jahre später, um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, konkretisierte und verdichtete sich dann der Raum, den das Vererbungsdenken des 19. Jahrhunderts abgesteckt hatte, in einem Forschungsobjekt, das unter dem Namen „Gen“ eine beispiellose Karriere gemacht hat. Mit der Molekularbiologie wurde dann um die Mitte des 20. Jahrhunderts die Vorstellung populär, Vererbung sei ein molekulares Informationsgeschehen. Und heute? Zeichnet sich hinter der Apotheose der Genomprojekte ein Zeitalter der Postgenetik ab?
In diesem Buch werden die Leser auf eine Reise mitgenommen, die von der frühen Neuzeit bis in unsere Tage reicht. Die Etappen, in denen sich unsere Vorstellung von biologischer Vererbung geformt hat, werden so kurz und prägnant wie möglich in acht Kapiteln geschildert: Vererbung zwischen Wissen und Macht – Zeugung, Reproduktion, Evolution – Vererbung in verstreuten Domänen – Erste Synthesen – Vererbung, Rasse und Eugenik – Die Disziplinierung der Vererbung – Vererbung und Molekularbiologie – Gentechnologie, Genomik, Postgenomik. Auch für Wissenschaftshistoriker ist es durchaus ein Abenteuer, ein Konzept in seinen historischen Verästelungen über einen Zeitraum von 400 Jahren zu verfolgen. Anstatt aber reine Wissenschaftsgeschichte zu sein, wird hier die Geschichte eines „Wissensregimes“ entfaltet, das in heterogenen kulturellen Kontexten seinen Ausgang nahm, sich auf unterschiedlichen Wegen zusammenfügte und in vielfältiger Weise wieder auf andere Kulturbereiche ausstrahlte.
Hans-Jörg Rheinberger, Staffan Müller-Wille.
Vererbung. Geschichte und Kultur eines biologischen Konzepts
Fischer Verlag 2009, 978-3-596-17063-0