Ilinx Talks 4: Vereinzelungsarchitekturen
Das Arbeitsamt als Sicherheitstechnik seit den Zwanziger Jahren. Autorengespräch mit Simon Roloff
Was zeigt die Innenarchitektur von Hartz IV? Simon Roloff liest Grundrisse von Arbeitsämtern als Zeugnisse einer seit den 1920er Jahren perfektionierten Sozialtechnik der unauffälligen Personenlenkung – beispielsweise die Wegführung und Raumnutzung in Walter Gropius' Arbeitsamt in Dessau. Wo für die Architekturgeschichte ein funktionales Gebäude steht, zeigt sich dem diskursgeschichtlich und praxeologisch flankierten Blick ein Ensemble aus kalkulierten Fluren, Leitsystemen, Tresen und Drehtüren, das die vordem notwendigen Ordner und Autoritätspersonen ersetzt. Auch Büroutensilien und Zeitmanagementsysteme sind Teil der gouvernementalen Gesamtsituation, die vor allem eins verhindern soll: soziale Kongregation und damit potentielle Turbulenz.
Das Gespräch mit Simon Roloff führen Rebekka Ladewig und Anna Echterhölter von der ilinx-Redaktion, die den Abend veranstaltet. Franziska Pierwoss & Siska haben eigens für den Anlass filmische Beobachtungen in Berlin unternommen: Jobcenter - work in progress (Videoloop, ~7 min, 2010) wird ebenfalls am 1. Juli 2010, ab 20:30 Uhr zu sehen sein, wenn wir zu einem Abend über heutige oder gestrige Raumtaktiken der Bürokratie einladen.
ilinx [gr. Wirbel, das Wirbeln] Wirbel und Turbulenzen entstehen dort, wo temporär und momenthaft verschiedene Einflüsse aufeinander treffen. Die Zeitschrift „ilinx – Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft“ wendet diese Dynamik kulturtheoretisch mit dem Anspruch auf experimentelle, kombinatorische und schöne Neuadressierungen relevanter Themen.
ilinx – Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft
Philo Fine Arts 2010, EUR 14.00
www.ilinx-kultur.org, www.philo-fine-arts.de