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Martin Pawley's Garbage Housing with Preconsumer Waste, Chile 1972

Um der Wohnungsnot mit lokalen Ressourcen zu begegnen, ersann der britische Architekt und Theoretiker Martin Pawley in der Euphorie, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Bezug auf Mobilität und industrielle Vorfabrikation verbreitete, einen Sonderweg. Im sozialistischen Chile wollte er das von ihm erdachte Konzept des "Garbage Housing" umsetzen. Im Vordergrund stand dabei die Kosteneffizienz der Baustoffe unter den lokalen Gegebenheiten einer sich entwickelnden Konsumindustrie.
Sein Denkmodell geht davon aus, dass der Bausektor bzw. der Sektor der Baustoffproduktion nicht prinzipiell als autonomer Produktionszweig betrachtet werden dürfe. Vielmehr könne eine Koppelung an andere, viel dynamischere und größere Industrien wie die neue Konsumindustrie eine Kostenreduzierung bei Bauteilen ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist für ihn die von der Brauerei Heineken in den 1970er-Jahren gefertigte "Worldbottle", kurz "WOBO". Sie konnte ausgetrunken als Mauerstein verwendet werden und so, den weltweiten Erfolg der Biermarke begleitend, Iglus, Hütten und Glasbausteinwände errichten helfen. Pawleys schöner und sehr konkreter Vorschlag konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Nach einigen bedingt erfolgreichen Experimenten und mehr oder weniger gescheiterten Studien an Hochschulen kam das Projekt spätestens mit dem gewaltsamen Sturz der Allende-Regierung 1973 zu seinem praktischen Ende. Die Reprints seiner Aufsätze und Vorträge zum Thema zwischen 1971 und 1982 zeichnen aber einen spezifischen Ausschnitt des spätmodernen Architekturdiskurses um "AdHocism" (Charles Jencks), Popkultur und Selbstbau nach.


Jesko Fezer, Katja Reichard, Axel Wieder (Hg.)
Martin Pawley's Garbage Housing with Preconsumer Waste, Chile 1972
Vice Versa, 2004, 3–932809-53-X