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Klage

21. Juni 2008. Es wird ein großes Fest gewesen sein, gestern Nacht in der Oranienburger Straße 189, schließlich waren explizit "alle" sogar "herzlich" eingeladen, um das Ende von Rainald Goetz' Internettagebuch "Klage" auf Vanityfair.de zu feiern; ja, und dann kommen zumindest viele.
Rainald Goetz, der Gastgeber, wird alles mitbekommen haben vom Fest, ja er wird wieder viel zu viel mitbekommen, es notiert oder vor sich hin gemurmelt haben. Die Einladungen, Zettel vom Fußboden, Notizen, Flugblätter sowie die Berliner Lokalzeitungen des Tages werden in einer der vielen Tüten landen, in denen Material bei ihm aufbewahrt wird, eine Tüte Stoff, die er sich dann mal vornehmen wird, beizeiten, und wenn es ihm gutgeht. Eine mehr.
Rainald Goetz, ein seit Jahrzehnten legendärer deutscher Schriftsteller von vierundfünfzig Jahren, kämpft mit dem Material seiner Zeitgenossenschaft, im doppelten Sinne: Manchmal findet er in aktuellen Zitaten seine Waffen, oft aber ringt und hadert er mit der schieren Fülle des Stoffs. Sein Stoff ist nämlich alles: Berlin, die Politik, die Kultur, die Wissenschaft, die Psychiatrie, das Recht, er selbst in diversen Rollen sowie natürlich das, was die Leute so reden.
In den vergangenen Jahren konnte man ihn auf der Pressetribüne des Bundestages sehen, ganz vorn, wie er in ein Schulheft schrieb, manisch und verhuscht zugleich, und außerdem auf Partys, Vernissagen, Konzerten, Lesungen, Debatten, eben überall dort, wo was los sein könnte, wo noch mehr Stoff abfallen könnte, für noch mehr Tüten. Und man erwartete seine Texte mit Spannung, denn Goetz ist einer der Großen. Aber es ergeben sich auch Probleme. (...)
(Nils Minkmar, FAS 6/2008)
Thomas Hübener in "Spex" 10/2008 über "Klage":
http://www.spex.de/482/artikel.html


Rainald Goetz
Klage
Suhrkamp, 2008, 978-3-518-42028-7