Zehn Thesen zur Politik
Nicht erst die traurige Realität der heutigen Demokratie, als bloße Herrschaft der Massen und ihrer Bedürfnisse, nicht nur die Omnipräsenz des Ökonomischen und seiner Verwerfungen erfordern es, Politik neu zu denken.
In Gestalt von zehn prägnanten Thesen und in expliziter Abwendung von den modischen Formeln eines »Endes« oder einer »Wiederkehr der Politik« fragt Jacques Rancière nach dem Spezifischen, dem Eigentlichen von Politik. Sowohl von der Kategorie der Ökonomie als auch von jener der Staatlichkeit klar zu unterscheiden, ist das Eigentliche der Politik vielmehr in einer Beziehung zweier das Subjekt kontradiktorisch festlegender Termini zu suchen. Politik erscheint somit als eine im Kern paradoxale Handlung, die sich durch die Existenz eines Subjekts bestimmt, welches sich durch seine Partizipation an Gegensätzen definiert.
Bereits an den Ursprüngen der Demokratie wird erkennbar, daß der demos jenen abstrakten supplementären Teil der Gemeinschaft darstellt, welcher nicht zählt – aber nicht, indem er eine Klasse oder soziale Schicht verkörpert, der es nicht gelänge, in der politischen Sphäre zu agieren, sondern indem er sich als »die zwei Körper des Volkes« in eine Teilung einschreibt, die die Gemeinschaft von den anderen Teilen des Gesellschaftskörpers auf ursprüngliche Weise trennt.
»Die wesentliche Arbeit der Politik ist die Gestaltung ihres eigenen Raumes. Es gilt, die Welt ihrer Subjekte und ihrer Operationen sichtbar zu machen. Das Wesen der Politik ist die Manifestation des Dissenses.«