Direkt zum Inhalt

Warenkorb

  • Mark Garcia

    Architextiles

  • Susanne Küchler, Daniel Miller

    Clothing as Material Culture

  • Caryn Simonson

    Textile Volume 6 Issue 3. The Journal of Cloth and Culture…

  • Quentin Hirsinger, Elodie Ternaux,…

    Materiology. Handbuch für Kreative. Materialien und…

  • Luis Fernandez-Galiano

    AV 115. Materiales de Construccion. Building Materials

  • Sylvia Leydecker

    Nanomaterialien

  • Barbara Naumann, Thomas Strässle,…

    Stoffe. Zur Geschichte der Materialität in Künsten und…

  • Daniel Miller

    Materiality

  • Axel Ritter

    Smart Materials. In Architektur, Innenarchitektur und Design

  • Markus Wissen, Bernd Röttger, Susanne…

    Politics of Scale. Räume der Globalisierung und…

  • David Cay Johnston

    Free Lunch. How the Wealthiest Americans Enrich Themselves…

  • Edward Denison, Guang Yu Ren

    Modernism in China. Architectural Visions and Revolutions

  • Stefanie Schulte Strathaus, Florian…

    Wer sagt denn, dass Beton nicht brennt, hast Du’s probiert?

  • Henri Lefebvre

    Writings on Cities

  • Kurt Meyer

    Von der Stadt zur urbanen Gesellschaft: Jacob Burckardt und…

  • Margarete Schütte-Lihotzky

    Millionenstädte Chinas. Bilder und Reisetagebuch einer…

  • Diana Mitlin, David Satterthwaite (Hg.)

    Empowering Squatter Citizen. Local Government, Civil…

  • Henri Lefebvre

    The Production of Space

  • Henri Lefebvre, Catherine Regulier

    Die Revolution ist auch nicht mehr, was sie mal war

  • Thomas J. Campanella

    The Concrete Dragon. China's Urban Revolution and What…

  • Glaudio Greco, Carlo Santoro

    Beijing. The New City

  • Frédéric Edelmann, Françoise Ged (Hg.)

    Positions. Portrait of a New Generation of Chinese…

  • Hiromasa Shirai, André Schmidt (Hg.)

    Big Bang Beijing. Urban Change in Beijing

  • Jeremy Deller

    Folk Archive. Contemporary Popular Art from the UK

  • Andrej Holm (Hg.)

    Revolution als Prozess. Selbstorganisierung und…

  • Fachhochschule München (Hg.)

    Für mehr Teilhabe. Gemeinwesenentwicklung,…

  • John F. C. Turner

    Housing by People. Towards Autonomy in Building…

  • Jean Baudrillard

    Utopia Deferred. Writings from Utopie (1967-1978)

  • Susan Buck-Morss

    Dreamworld and Catastrophe. The Passing of Mass Utopia in…

  • Matilda McQuaid, MOMA (Hg.)

    Visionen und Utopien. Architekturzeichnungen aus dem Museum…

  • Alan Greenspan

    The Age of Turbulence. Adventures in a New World

  • Oliver Ressler (Hg.)

    Alternative Ökonomien. Alternative Gesellschaften

  • Karl Marx

    Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie

  • Dieter Hassenpflug

    Der urbane Code Chinas

  • Judy Henske & Jerry Yester

    Farewell Aldebaran (1969)

  • Arch+ 189

    Entwurfsmuster: Raster, Typus, Pattern, Script, Algorithmus…

  • Michel Foucault

    Die Ordnung des Diskurses

  • Yona Friedman

    Pro Domo

  • Eilfried Huth, Doris Pollet

    Beteiligung, Mitbestimmung im Wohnbau. Wohnmodell…

  • Fredric Jameson

    Archaeologies of the Future. The Desire Called Utopia and…

  • Constance M. Lewallen, Steve Seid

    Ant Farm 1968-1978

  • Stanley Matthews

    From Agit-Prop to Free Space. The Architecture of Cedric…

  • Kester Rattenbury, Samantha Hardingham

    Cedric Price. Potteries Thinkbelt (SuperCrit)

  • Sabrina von der Ley, Markus Richter

    Megastructure Reloaded. Die Inkunabeln der 1960er Jahre in…

  • Max Risselada, Dirk van den Heuvel (Hg.)

    Team 10. In Search of a Utopia of the Present 1953-1981

  • Simon Sadler

    Archigram. Architecture without Architecture

  • Marie Theres Stauffer

    Archizoom/Superstudio. Figurationen des Utopischen

  • Manfredo Tafuri, Barbara L. Lapenta

    Architecture and Utopia. Design and Capitalist Development

  • Picnic Magazine

    Picnic Magazine 3

  • James Fulcher

    Kapitalismus

  • David Harvey

    Limits to Capital

  • Bob Jessop

    Kapitalismus, Regulation, Staat. Ausgewählte Schriften

  • Naomi Klein

    Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-…

  • Loretta Napoleoni

    Rogue Economics. Capitalism's New Reality

  • Urs Stäheli

    Spektakuläre Spekulation

  • AD

    AD 174. Vol. 75. Nr. 2. Samantha Hardingham. The 1970'…

  • IDEA Magazine

    IDEA 296. Books <preposition> graphic design

  • IDEA Magazine

    IDEA 293. Stanley Donwood / Vacances. DD-DDD / Dimensions…

Normal Work

Ein Buch zu den Fotoarbeiten von Hannah Cullwick 1855 - 1902 und dem Film Normal Work von Pauline Boudry, Renate Lorenz, der sich mit den Fotoarbeiten von Hannah Cullwick beschäftigt.
Der Film „normal work” reinszeniert vier historische Fotografien der viktorianischen Hausangestellten Hannah Cullwick, auf denen diese Posen einnimmt, die verschiedene gesellschaftliche Positionen von Klasse, „Race” und Geschlecht durchqueren.
Hannah Cullwick putzte nicht nur von früh morgens bis spät abends in verschiedenen Haushalten, sondern sie produzierte auch eine Reihe erstaunlicher inszenierter Fotografien, umfangreiche Tagebücher und Briefe. Diese Materialien inszenieren ihre Stärke, ihre Muskeln und ihre schmutzigen großen Hände – Verkörperungen von „Männlichkeit”, die offensichtlich direkt mit ihren Arbeitspraxen verbunden waren und auf die sie sehr stolz war. Hannah Cullwicks Porträts und Selbstporträts, die sie nicht nur als Hausangestellte, sondern auch in „Class Drag” oder „Ethnic Drag” zeigen, waren Teil eines sadomasochistischen Verhältnisses, in das sie mit Arthur Munby, einem Mann der bürgerlichen Klasse, involviert war. Interessanterweise waren es Elemente ihrer harten Arbeit im Haushalt, die das Material für die gemeinsamen SM-Szenen abgaben. Die Arbeit, die Cullwick als Hausangestellte verrichtete, reinszenierte sie gemeinsam mit Munby bei ihren Treffen in seiner Wohnung: Sie putzte für ihn, wusch seine Füße, säuberte seine Schuhe oder leckte sie ab. Cullwick beschrieb sich als Sklavin Munbys, sie trug ein "slave band" am Handgelenk, das sie niemals ablegte, und am Hals eine Kette, zu der Munby den Schlüssel besaß. Sie nannte ihn „massa”, eine Bezeichnung, die wie „slave” auch auf die Realität Englands als Kolonialmacht verweist. Auf den Fotografien ist am rechten Handgelenk häufig ein schwarzes Band deutlich sichtbar, offensichtlich das „slave band”. Es befindet sich zentral fast in der Bildmitte, vermag aber die durchaus überzeugende Darstellung einer „maid of all work” oder einer bürgerlichen Frau nicht zu stören.
Im Film sieht man der Performer_in Werner Hirsch bei dem Versuch zu, die Posen Hannah Cullwicks möglichst genau nachzuahmen. Werner Hirsch/Hannah Cullwick orientiert sich an seiner/ihrer Erinnerung, an einem Spiegel oder einem „Vorbild”, das nicht im Bild ist, oder an Anweisungen, die ihm/ihr ebenfalls von außerhalb des Bildraums zugerufen werden. Indem im Film zwei unterschiedliche historische Momente (die viktorianische und die heutige Zeit) und zwei Orte des Sprechens aufeinander treffen, entstehen widersprüchliche Referenzen: Die historischen Fotografien werden mit dem Kontext gegenwärtiger Drag-Performances und Umarbeitungen von Zweigeschlechtlichkeit konfrontiert. Umgekehrt wird den zeitgenössischen Drag-Performances ein historischer Vorläufer beigestellt, in dem das Verhältnis von Sexualität und Arbeit verhandelt wurde. Diese doppelte Kontextualisierung wird durch zwei unterschiedliche „Dekore” unterstützt, die wie in einem Fotostudio als Hintergrund verwendet werden: Der eine greift eine Malerei des 19. Jahrhunderts auf, der andere eine zeitgenössische Fotografie von Del LaGrace Volcano (Daddy Boy Dykes). Inszeniert wird der Blick, der die Einordnung auf gesellschaftlichen Positionen der Hausangestellten, der Lady, des Gentleman oder des „Slave” anleitet, bzw. der eine produktive Umarbeitung erlaubt. Es wird der Prozess ausgestellt, der mittels einer wiederholten Kopie kulturell verfügbarer Bilder Individuen zu Subjekten macht und dabei vom wertschätzenden oder drohenden Blick einer Autorität begleitet wird.
Wenn die Performer_in/ Hannah Cullwick von unterschiedlichsten Arbeiten berichtet, die er/sie getan hat oder tun möchte, wird deutlich, dass die Durchquerung der gesellschaftlichen Positionen nicht nur eine ermächtigende Fantasie ist, sondern – insbesondere in der gegenwärtigen Diskussion um Arbeit – einen Aufwand bedeutet, der mit der Drohung verknüpft ist, diese Durchquerung nicht (mehr) leisten zu können. Der kontrollierende Blick wird hier allerdings vervielfältigt; die Performer_in/Hannah Cullwick blickt zurück in die Kamera und signalisiert damit eine Ebenbürtigkeit gegenüber der Kamerafrau/Betrachter_in; er/sie zeigt an, dass sie diese auch „sieht”. Die Filminstallation „normal work” fragt, ob sich die Durchquerung der sozialen Hierarchien von Klasse, Geschlecht und „Race”, die Hannah Cullwick inszenierte und die sie offenbar begehrte, heute im Feld der Arbeit als paradoxe Anforderung verallgemeinert hat.


Pauline Boudry, Renate Lorenz
Normal Work
B_books, 2008, 978-3-933557-87-2