Kleine Formen – Archiv für Mediengeschichte, Bd. 19
Aktualitätsdruck, knappe Aufmerksamkeitsressourcen und mediale Mobilitätsschübe haben zu einer Privilegierung kleiner Darstellungsformate geführt. Diese prägen die Kommunikationspraktiken in diversen – politischen, ökonomischen, wissenschaftlichen, kulturellen – Feldern. Doch sind solche Konjunkturen keineswegs neu. Vielmehr ist die Klage über die ‚Flut‛ von Nachrichten, Informationen und Novitäten, die zur Kenntnis genommen werden wollen, spätestens seit der Frühen Neuzeit notorisch geworden. Dabei zeichnet sich ein enger Zusammenhang zwischen Mediengeschichte und der Zirkulation ›kleiner Formen‹ ab, dem sich Band 19 unter vier Gesichtspunkten widmet.
So wenig kleine Formen auf konzise Genres und Formate festgelegt werden können, so sehr ist ihre Existenz, ihr Status und ihre Funktion erstens abhängig von ‚materialen und medientechnischen Voraussetzungen‛, die von analogen Drucktechniken bis zu neuesten digitalen Technologien reichen. Hier rückt zweitens eine ‚praxeologische Dimension‛ in den Blick, in der kleine Formen nicht als Gegebenheiten, sondern als Resultat vielfältiger Operationen erscheinen. Kleine Formen wären demnach das Ergebnis von Prozeduren des Kürzens und Selegierens, des Komprimierens und Konzentrierens, des Ab- und Ausscheidens usw. Indem solche Formen die Vorzüge des Kompakten, Kondensierten, schnell zu Überschauenden geltend machen, aber auch das Vorläufige, Flüchtige und Ergänzungsbedürftige des Festgehaltenen ausstellen, sind sie mehr als Darstellungsformate und darum drittens für die Erzeugung und Strukturierung bestimmter ›Zeitwelten‹ verantwortlich. Das stellt die Frage danach, wie Medieninnovationen sich mit einer Beschleunigung von Kommunikationsweisen verknüpfen und im Takt von Übertragungsgeschwindigkeiten zu einer Dominanz des Aktuellen und Ephemeren geführt haben. Viertens stellen sich Fragen danach, wie sich das Verhältnis von Medien und kleinen Formen theoretisch und historiographisch erfassen lässt.