Alternative Ökonomien. Alternative Gesellschaften
Seit dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus erscheint Kapitalismus alternativlos. Ohne Gegenmodell zum herrschenden System haben es alternative Konzepte einer ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung schwer. „Alternativen“ werden in den alten Industriestaaten seit 1989/91 nämlich nur dort breiter diskutiert, wo sie bestehende Machtverhältnisse im kapitalistisch-verwertungsorienterten Wirtschaften und in den parlamentarisch-repräsentativen Demokratien nicht in Frage stellen. Andere sozio-ökonomische Ansätze kämpfen mit dem Stigma des Utopischen und bleiben von einer ernsthaften Auseinandersetzung weitgehend ausgeschlossen, so sie überhaupt wahrgenommen werden. Die vorliegenden Texte setzen dagegen.
Dem Buch „Alternative Ökonomien, alternative Gesellschaften“ liegt das mehrsprachige Ausstellungsprojekt „Alternative Economics, Alternative Societies“ des in Wien lebenden Künstlers Oliver Ressler zugrunde. Es beschäftigt sich mit unterschiedlichen Konzepten und Modellen für alternative Ökonomien und Gesellschaften, deren Gemeinsamkeit in der Zurückweisung des kapitalistischen Herrschaftssystems besteht. Der hier vorliegende Band, in deutscher und in ungarischer Sprache verfasst, ergänzt die englischen und polnischen Texte, die zum selben Projekt erschienen sind.
Die vorgestellten Alternativen sind äußerst vielfältig: Der Ökonom Takis Fotopoulos beschreibt sein Konzept einer umfassenden Demokratie, Chaia Heller stellt die Grundzüge eines libertären Kommunalismus vor. Paul Cockshott entwirft seine Vorstellungen von einem neuen Sozialismus, und Heinz Dieterich ruft seine Überlegungen zu einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Erinnerung. Die bekannte Autorin Marge Piercy skizziert die feministisch-anarchistischen Utopien ihrer Social Fantasies, der Underground-Autor p.m. sein Konzept “bolo’bolo”. Christoph Spehr spricht über “Freie Kooperation”, Maria Mies über die Subsistenzperspektive und John Holloway über seine Vorstellungen, die Welt zu verändern, ohne die Macht zu übernehmen. Als historische Modelle werden u.a. von Todor Kuljic die Arbeiterselbstverwaltung im Jugoslawien der 1960er und 1970er Jahre, von Salomé Moltó die Arbeiterkollektive während der Spanischen Revolution (1936-38) und von Alain Dalotel die Pariser Commune von 1871 thematisiert. In einem weiteren Beitrag wird das direktdemokratische Selbstverwaltungsnetzwerk diskutiert, das die Zapatisten in Chiapas/Mexiko aufgebaut haben.