Übergangsräume. Die Bushaltestellen auf der Berliner Stadtautobahn.
Man sieht sie eigentlich nicht. Man muss wissen, dass sie da sind. Tobias Michnik und Leander Nowack machen sie mit ihrem Buch für alle sichtbar. Und ist man einmal aufmerksam geworden, kann man sie nicht mehr übersehen: Die – ehemaligen – Bushaltestellen auf der Berliner Stadtautobahn.
Bushaltestellen auf der Stadtautobahn sind paradox, denn sie konterkarieren die grundlegende Idee der Autobahn als dem Verkehrsweg, an dem die Trennung der Verkehrsmittel perfekt wird, an dem der Verkehr ungehindert fließen soll und zu dem Fußgänger eigentlich keinen Zutritt haben.
Doch im West-Berlin der 1950er Jahre entstand auf der neuen Stadtautobahn genau das: ein Stadtautobahnbus nach amerikanischem Vorbild, mit 13 Haltepunkten inklusive Busspuren, Wartehäuschen und Treppenhäusern. Man wollte die Verkehrseuphorie mit allen Bürger*innen teilen. Doch die Vision währte nicht lange. Wenige Jahre nach der Fertigstellung wurden die ersten Haltestellen bereits nicht mehr bedient. Viele ihrer Baukörper allerdings verbleiben bis heute entlang der Stadtautobahn – zurückgebaut, umgenutzt, leerstehend. Beinahe unsichtbar. Das Buch arbeitet erstmalig Gestaltung, Geschichte und Potential dieser bislang kaum thematisierten Infrastrukturräume auf und stellt dabei ihre einzigartige Funktion als Verbindungsbauten zwischen Stadt und Stadtautobahn heraus.
Tobias Michnik und Leander Nowack, beide Architekten, beleuchten in Wort, Fotografie und Zeichnung die Entstehung, Gestaltung und Transformation der Verkehrsbauwerke, sowie die ihnen zugeschriebenen Werte und Bedeutungen. Die Autoren stellen damit die Bauten als Produkt der gesellschaftlichen, technischen und politischen Bedingungen ihrer Zeit vor, ebenso als urbane Räume, die von unterschiedlichen Akteuren zu unterschiedlichen Zeiten anders verstanden wurden. Und heute? Was bleibt von dieser einzigartigen architektonischen Typologie? Michnik und Nowack geben überraschende Antworten.