Visuelle Argumentationen. Die Mysterien der Repräsentation und die Berechenbarkeit der Welt
Im Jahre 1610 beklagte der englische König Jakob I., daß "heutzutage nichts unerforscht" sei, weder die "allerhöchsten Mysterien der Gottheit", noch die "tiefsten Mysterien, die zu den Personen von Königen und Prinzen gehören, die Götter auf Erden sind." Mit diesen Worten beschrieb der Monarch die sich ankündigenden, grundlegenden Verschiebungen im Gefüge der Herrschaftsvermittlung. Denn die politischen Systeme der Zeit waren auf Staatstheorien gegründet, die sich durch die visuelle Umsetzung in der Repräsentation etabliert hatten. Es war die ikonische Qualität des Bildes, die die Grundlage der Repräsentationssysteme der Frühen Neuzeit bildete. Nur diese konnten die Mysterien der Herrschaft, dem Anspruch nach angemessen, repräsentieren. Inwieweit dieser Konzeption durch die sich Schritt für Schritt professionalisierenden Künste und Wissenschaften der Frühen Neuzeit die Legitmation entzogen wurde und welche Gegenstrategien entwickelt wurden, zeigt der Band aus unterschiedlichen Perspek tiven. Die Beiträge entstammen den Disziplinen Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften und Germanistik und stellen die bisher kaum thematisierte Frage nach der Diskrepanz von Mysterien der Herrschaft und der Berechenbarkeit der Welt. Hierbei kommt dem Bild als Ort des Konfliktes wie auch als Ort von Harmonisierungsversuchen eine zentrale Rolle.