Post-Studio Tales
Post-Studio Tales (P-ST) ist ein kuratorisches Rercherche- und Publikationsprojekt, das die gegenwärtigen Bedingungen künstlerischer Arbeit in Hinblick auf ihre Lokalisiertheit und Materialisierung untersucht. Texte, Kommentare und Konversationen einbegreifend, liefert diese Publikation einen Beitrag zum Begriff der ‚post-studio‘-Praxis in der Kunst. Um ein breites Spektrum von Positionen abzubilden, wurde P-ST als Rechercheprojekt mit achtzehn Künstler_innen, die in einem von Something Fantastic konzipierten architektonischen Setup gelebt und gearbeitet haben, bei District realisiert. Durch die Umwandlung der Räume von District in ein großes Studio ließ das kollektive Setup jegliche Abgrenzungen zwischen Kunst/Nichtkunst, Produktion/Nichtproduktion etc. verschwimmen und entwickelte sich damit zu einem fortlaufenden, postheroischen Kommentar zum Thema Kunst und Alltäglichkeit.
P-ST nahm in Bezug auf den Diskurs über ‚post-studio‘-Praxen eine dreifache Operation vor: Erstens historisierte es diese als Bestandteil der Kunstgeschichte. P-ST bringt den Kontext ihres Erscheinens mit anderen Phänomenen der 1960er Jahre in Berührung, indem das Setup Anspielungen auf das soziale Experiment (Garfinkel, Milgrim) sowie das soziale Experiment als konkrete Utopie (Kommunen, gemeinschaftliches Wohnen etc.) enthält. Diese Historisierung impliziert, dass P-ST selbst eine post-post-studio Perspektive einnimmt. Zweitens fiktionalisiert das Projekt die Erzählung vom Verlassen des Studios (die im buchstäblichen Sinne niemals ‚wahr‘ war) und entwickelt seine eigene, heterogene Narration aus dem Patchwork von Fäden der jeweiligen Praxen, Diskurse und Geschichten der Teilnehmer_innen. Drittens, als Akt kuratorischen Experimentierens, betont P-ST die häufig vernachlässigten kuratorischen Konsequenzen der post-studio Kondition. Dauerhaft präsent am Ort des Projektes, positionierten sich die Kurator_innen als Grenzfiguren: Während sie einerseits durch ununterbrochenes Feedback den Ablauf des Geschehens steuerten und reflektierten, wurden sie andererseits zu Versuchspersonen ihrer eigenen kuratorischen Entscheidungen, die, wie die Aktivitäten aller Teilnehmer_innen, dauerhaft bei P-ST ausgestellt waren. Im Bewußtsein der Inszeniertheit und Unrepräsentierbarkeit dieser hypersozialen Komplikation leistet diese Publikation einen Beitrag zu aktuellen Debatten um den Begriff „post-studio“ im kunstwissenschaftlichen Diskurs.
Post-Studio Tales ist ein Projekt von District, gefördert aus den Mitteln des Hauptstadtkulturfonds Berlin.
Autor_innen: Stan Back, John Beeson, Kathrin Busch, Daniel Eguren, Karen Eliot, Daniel Falb, Something Fantastic, Ulrike Gerhardt, Lizaveta German, Friedemann Heckel, Susanne Husse, Isabelle Lumpkin, Jenny Nachtigall, Stefan Römer, Jörn Schafaff und Alexandra Stähli
Teilnehmende KünstlerInnen: Bradley Alexander, Anatoly Belov, Mitya Churikov, Sarah Elliott, David Goodman, Thomas Jeppe, Tina Kämpe, Wilhelm Klotzek, Martin Kohout, Burk Koller, Wojciech Kosma, Florine Leoni, Raphael Linsi, Laura McLardy, Anna Möller, Konrad Mühe, Flavia Spichtig und Pedro Wirz