Verrückt. Der Comic zum Berliner Schloss
Die international geführte Debatte um diesen umstrittenen Wiederaufbau ist erledigt. Sie dauerte fast doppelt so lange wie die Bauarbeiten, die mit nur wenig Verzögerung fast planmäßig abgeschlossen werden. Da steht es nun, das Berliner Schloss. In der Mitte der Stadt und muss beweisen, dass wir es brauchen. Viele Herzen hat es längst gewonnen, von vielen will es Zuneigung noch erringen. Wie so oft in seiner Geschichte. Für das Geschick dieses Schlosses seit dem Mittelalter, für sein Werden und Vergehen, seine Zerstörung im und nach dem Zweiten Weltkrieg, für und gegen den Palast der Republik und das Für und Wider von Abriss und Neubau sind Unmengen an Worten gesprochen, gestritten und geschrieben worden. Sebastian Strombach widmet sich dem Thema nun erstmalig mit Zeichnungen und eröffnet damit neue Perspektiven.
Da sind zunächst die doppelseitigen Panoramen, die die LeserInnen durch die Baugeschichte des Schlosses und seiner Umgebung in Berlin-Mitte führen. Strombach steht imaginär auf dem Fernsehturm und schaut auf die Stadt in ihrem ewigen Werden. Konstant ist nur die Spree, an ihren Ufern sieht man viele Gebäude kommen und gehen: das Schloss mit all seinen Anbauten, den Palast der Republik, die verschiedenen Varianten des Berliner Doms, Palast-Hotel und Dom-Aquarée, das Brandenburger Tor und die ein, kein, zwei Türme der Nikolaikirche…
Auf 136 Seiten erzählt Strombach dann mit seinen schwarz-weißen, kraftvollen Zeichnungen von Fürsten, Königen, Revolutionären, Staatsratspräsidenten und Großbürgern, die auf paradox ähnliche Art und Weise an Architektur und Symbolik dieses Bauwerks – bzw. seinem Gegenspieler, dem Palast der Republik – bastelten. Strombach nimmt uns mit auf einen Stadtspaziergang durch die Geschichte der Berliner Mitte. Betrachtet sie vom Lustgarten aus, aus der U-Bahn und immer wieder aus der Vogelperspektive. Die Baugeschichte entfaltet er aus der Perspektive der jeweiligen Bauherren der Jahrhunderte, lässt uns das Schloss und den Schlossplatz mit den Augen des Großen Kurfürsten ebenso sehen wie mit den Visionen Walter Ulbrichts. Seinen Spaziergang unternimmt er an der Seite der großen Flaneure der Zeitgeschichte: Walther Benjamin und Franz Hessel begleiten uns ein Stück und, da Geschichte immer relativ ist, auch mal Albert Einstein.