Schuld war mein Hobby. Bilanz einer Familie
Nautilus Flugschrift
Ein Düsseldorfer Galerist macht Hans-Christian Dany das Angebot, gegen einen Pauschalbetrag zwölf Texte zu schreiben, die online veröffentlicht werden sollen. Ohne Vorgabe von Thema oder Umfang. Der Auftrag mutiert zur literarischen Reise in den Zerfall einer Familie, der sich als Symptom für das Leben in einem kranken Land der Nachkriegsgeschichte erweist. Dany schreibt über sein Erbe im juristischen und im übertragenen Sinne, über buchhalterische wie emotionale Forderungen und Verbindlichkeiten und über den eigenen (fast unglaublichen) Weg vom Künstler und Schriftsteller zum verschuldeten Firmenerben, unfreiwilligen Arbeitgeber und »Minusmillionär«. Die Reflexionen zwischen Kunst und großem Geld sind nicht nur autobiografische Essays, sondern auch Versuche einer eigenen Standortbestimmung im ausklingenden Neoliberalismus.Eine ironische Wende nimmt das Projekt über Schulden und Schuld, als sich abzeichnet, dass der Galerist die versprochenen Honorare möglicherweise nicht zahlen wird, und sich die Frage, was man (und wer?) sich leisten kann, auf wieder andere Weise stellt. Verlassen vom Auftraggeber, beginnt der Text, seine eigene Dynamik zu entwickeln.
LeseprobeSeit mein Sohn zur Schule geht und dort gelegentlich gefragt wird, was sein Vater arbeite, habe ich mich zwar mit dem Begriff Schriftsteller abgefunden, damit er eine einfache Erklärung hat. Ansonsten verwende ich diesen Begriff aber nicht. Und Literatur lese ich nur.Früher habe ich gesagt, im falschen Leben will ich nichts werden. Heute denke ich, es kommt aus einem psychologisch politischen Gemengelage, dass alles so kam. Ich glaube, diese Veränderung ist nicht allein der Privatisierung des Politischen geschuldet, auch wenn die sicher ihren Anteil hat. Nicht mitzumachen und nichts zu werden, schien 1982 eine Möglichkeit. Was ich damals für Verweigerung hielt, ist aber schon lange vergossene Milch.Ich stellte fest, ich tue gerne etwas, hänge der Vorstellung Nichts zu werden aber noch nach. Zuletzt passierte mir das mit der Vorstellung, eine Bar zu kaufen. Es heißt ja, wer nichts wird, wird Wirt. Meine Vorstellung von dem Kauf der Bar war, am frühen Abend in das Lokal zu gehen, nach dem Rechten zu sehen und den Kassenbestand zu ordnen. Morgens um sechs, wenn die Bar schließt, würde ich meinen zweiten Kontrollgang unternehmen. Gestern habe ich die Idee verworfen.Jetzt dachte ich, die Anfrage wäre eine Möglichkeit, über meinen Vater zu schreiben.Das kommt jetzt etwas abrupt, aber ich kann das erklären.
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