ABÉCÉDAIRE – Gilles Deleuze von A bis Z (3 DVD)
Fast 20 Jahre lang hatte sich der charismatische französische Philosoph und originelle Vordenker der Postmoderne Gilles Deleuze dem Vereinnahmungsapparat Fernsehen erfolgreich entzogen – bis 1988 seine ehemalige Studentin, Freundin und Co-Autorin (Dialoge) Claire Parnet das Unmögliche möglich macht. Deleuze lässt sich auf ein Experiment ein, das das Fernsehen so noch nicht gesehen hat: 7 ½ h freie Rede uncut. Einzige Bedingung – das Material darf erst nach seinem Tod ausgestrahlt werden. Mit Heiterkeit, viel Charme und ohne jedes Pathos nimmt das überaus lebendige ›Gespenst‹ des Philosophen die heterogenen Impulse auf, die von Parnets alphabetischer Begriffsauswahl von A wie Animal/Tier bis zu Z wie Zickzack ausgehen, und folgt ihnen freimütig – bis an den Punkt, an dem die Philosophie die Lebenslinien kreuzt. Von Spinoza zu Minnelli, von der Literatur zum Tennis, von der Zecke zur Kultur, vom Chanson zum Urknall: Bestand für Deleuze die Aufgabe der Philosophie darin, »Begriffspersonen« zu erschaffen, so kündet dieses Abc von deren weit verzweigtem Eigen-Leben.
Die längst überfällige erste deutsche Ausgabe bietet das vollständige Filmgespräch in Originalsprache mit einer sorgfältigen deutschen Untertitelfassung, die sich die üblichen Verkürzungen programmatisch verbietet, dazu eine von Hanns Zischler und Antonia von Schöning gesprochene Voice-over-Fassung der neuen Übersetzung, die der eigenen Dynamik dieses philosophischen ›Sprechgesangs‹ nachspürt.
DVD 1 / A-F 145 Min.
Animal / Tier • Boisson / Alkohol • Culture / Kultur • Désir / Wunsch • Enfance / Kindheit • Fidélité / Treue
DVD 2 / G-M 162 Min.
Gauche / Die Linke • Histoire de la philosophie / Geschichte der Philosophie • Idee • Joie / Freude • Kant • Littérature / Literatur • Maladie / Krankheit
DVD 3 / N-Z 146 Min.
• Neurologie • Oper • Professor • Question / Frage • Résistance / Widerstand • Style / Stil • Tennis • Un / Das Eine • Voyages / Reisen • Wittgenstein • XY Unbekannt • Zigzag / Zickzack
Ausführliches Booklet: Interviews mit Claire Parnet und Pierre-André Boutang sowie ein kleines Abc mit zahlreichen Querverweisen und Verlinkungen zwischen dem ABÉCÉDAIRE und den Schriften von Deleuze. Eine Fundgrube
»Ein Wetterleuchten hat sich ereignet, das den Namen Deleuze tragen wird: Ein neues Denken ist möglich … Es ist da, springend, tanzend, vor unseren Augen, mitten unter uns … Eines Tages wird das Zeitalter vielleicht deleuzianisch sein.«
- Michel Foucault
»Ja, wir alle haben die Philosophie geliebt, wer würde das leugnen? Aber Deleuze, er hat es selbst gesagt, war derjenige, der sie in dieser 'Generation' am fröhlichsten und unschuldigsten getrieben hat.«
- Jacques Derrida
»Deleuze hat durch seinen lebenslang geübten und endlich unverwechselbaren Stil vibrierender Nuchternheit, den man nur literarisch nennen kann, jeden Begriff, mit dem sein Denken in Berührung gekommen ist, in Bewegung versetzt und zum Leben einer selbständigen ,Begriffsperson‘ erweckt.«
- Martin Stingelin in der FAZ
»Mit der Fertilität seines Denkens wirkt Deleuze nie einschüchternd, sondern ansteckend.«
- Mirjam Schaub
»Es war magisch, fast so, als wären wir einige Jahrhunderte zurückversetzt worden, um mit Sokrates zu sprechen.«
- Pierre-André Boutang, 1995 über die Dreharbeiten zum ABÉCÉDAIRE
»Seine Vorstellung vom ABÉCÉDAIRE war: Von seinem Wissen als Philosoph ausgehen, um Fernsehbilder zu erzeugen – und nicht umgekehrt. Das sollte Gemeingut werden. Leute, die ihm begegneten, sollten sich beim Zusehen sagen: Sieh an, da haben wir jemanden, der das nicht für selbstverständlich nimmt, was man für gewöhnlich als selbstverständlich ansieht. Und weiter: Das ist also Philosophie? Etwas, das sich nicht von selbst versteht? Und dann noch: Was hat es mit dieser strikten Trennung von Anekdote und Denken auf sich, mit dieser Art, in Sprüngen und Verzweigungen zu denken? Dann ist die Philosophie gar nicht so eine abstrakte Sache wie die Moral? Dann ist die Philosophie tätige Erfahrung, ein work in progress?«
- Claire Parnet, 1997