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Echt, Unecht, Lebensecht. Menschenbilder im Umlauf

Buchpräsentation mit Britta Lange

Britta Lange untersuchte die Geschichte eines Hamburger Familienunternehmens, das zwischen 1868 und 1925 mit Ethnographica und Klischees fremder Menschen handelte. Anhand dieser Geschichte über drei Epochen (Kaiserreich, Weltkrieg, Weimarer Republik) lässt sich nachvollziehen, wie sich das Verhältnis von Wirtschaft und Kommerz, Wissenschaft und Bildung, von kulturellen und technischen Menschenbildern, von den jeweiligen Präsentationsmedien und der Forderung nach "Echtheit" bzw. "Lebensechtheit" formierte und veränderte. In einer Präsentation soll ein näherer Blick auf einige frühe Stummfilme der Weimarer Republik fallen, für die die Firma Umlauff "exotische" Ausstattungen und Statisten beschaffte und völkerschauartige Szenen choreografierte. Warum wurden im Film noch "echte" Ethnographica und "echte" Fremde verwendet, obwohl die Schauplätze "unecht" waren? Es werden Ausschnitte aus drei frühen Filmen von Fritz Lang, "Die Spinnen" (1919), "Der müde Tod" (1922), "Kriemhilds Rache" (1924), gezeigt.
Britta Lange ist Kulturwissenschaftlerin und arbeitet derzeit als Postdoctoral Research Fellow am Max-Planck-Institut fuer Wissenschaftsgeschichte in Berlin.
"Wer sucht, der findet noch heute in den Depots einiger Museen lebensgroße Menschenfiguren, mit denen um 1900 Angehörige der so genannten 'Naturvölker' nachgebildet und dem europäischen Publikum präsentiert wurden. Wer stellte sie vor, wo und warum? Ging es um bloße Volksbelustigung, um politische Propaganda oder um ein lukratives Geschäft? Waren wissenschaftliche Interessen im Spiel? Welche Geschichte verbirgt sich in den Figuren? Während der deutschen Kolonialzeit und darüber hinaus dienten die 'Menschenbilder' zu Ausstellungszwecken aller Art. Eine Hamburger Händlerfamilie mit dem sprechenden Namen Umlauff stellte sie her - nach zeitgenössischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den herrschenden ästhetischen Standards der Naturtreue. Das Wirtschaftsunternehmen wies seine Menschenbilder als 'lebensecht' aus: Sie sahen echt aus, waren es aber nicht. Von dieser Konstruktion profitierte auch die aufstrebende deutsche Wissenschaft vom Menschen. Anhand von 'Völkertypen' begründete die Anthropologie ihre eigene Seriösität - und nicht zuletzt das eigene 'Echte' der Deutschen. 'Papua', 'Massai', 'Oglala-Sioux', 'Buschmann' und viele andere fanden sich im Figurenrepertoire der Firma Umlauff. Sie produzierte Klischees im doppelten Sinn - kulturelle Klischees des Anderen und technische Klischees für die unbegrenzte Reproduktion identischer Kopien. Effekte von beidem sind bis heute im Umlauf" (Aus dem Klappentext).
Lange, Britta: Echt, Unecht, Lebensecht. Menschenbilder im Umlauf, Kadmos Kulturverlag Berlin 2006 272 Seiten, ISBN: 3-931659-81-X, 22,50 EUR