Der dritte Weg
Buchpräsentation: Rafael Horzon, Der Dritte Weg, Lesung und Diskussion, Einführung: Dr. Holger Schulze
Rafael Horzon hat in den letzten Jahren das Wirtschaftsleben Berlins durch zahlreiche Unternehmensgruündungen mitgestaltet. Seine Unternehmensgruppe modocom umfasst heute neben dem Möbelhaus Moebel Horzon das Modelabel Gelée Royale, den www Verlag sowie seit kurzem das Bauunternehmen Belfas. Die Erträge dieser Unternehmen dienen vorwiegend der Finanzierung der ebenfalls von Horzon gegründeten Wissenschaftsakademie Berlin. Daneben hat sich Rafael Horzon als Autor betätigt. In seinem mittlerweile dritten Sachbuch "Der Dritte Weg" schildert er den Aufbau seiner Unternehmensgruppe und gibt Auskunft über die generellen Grundlagen des wirtschaftlichen Erfolgs. Darüber hinaus entwirft er in seiner Theorie des Dritten Wegs ein Modell zur erfolgreichen Lebensführung: "Der Dritte Weg biegt als fast unsichtbarer Pfad an der Stelle ab, an der sich zwei breite Wege in die Verzweiflung gabeln".
Rafael Horzon: Der Dritte Weg www Verlag, Berlin, 2002, 154 Seiten, 10 Euro
Vorwort: Warum Sie dieses Buch kaufen und lesen sollten Als junger Mann war ich sehr unglücklich. Ich war nach München gekommen, um zu studieren. Das Mensa-Essen schmeckte mir nicht. Mein Studentenzimmer fand ich sehr klein. Aber das Unerträgliche war die Universität selbst: Die Seminare waren uninteressant. Die Dozenten waren uninteressiert. Die Studenten waren verzweifelt. Auch ich. Innerhalb weniger Wochen verlor ich zehn Kilo Gewicht. Ich versuchte, mich mit Alkohol und Zigaretten zu betäuben, aber es half nicht.
Ich beschloss, in einer anderen Stadt zu studieren. Ich wechselte nach Paris, dann nach Rom und dann nach Berlin, aber es war überall dasselbe. Ich begriff, dass nicht nur diese Universitäten für mich unerträglich waren, sondern wahrscheinlich alle Universitäten.
Ich sah nur noch zwei Wege: Selbstmord oder Anpassung. Mit dem ersten Weg hätte ich mein Leben verloren, mit dem zweiten Weg meinen Charakter. Beides war undenkbar. Ich überlegte eine Zeit lang und fand den Dritten Weg: Ich musste eine eigene Universität gründen.
Um Geld zu verdienen, arbeitete ich bei der Post als Paketfahrer, dann mietete ich Ladenräume, kaufte Mobiliar und einen Overhead-Projektor und eröffnete eine eigene Hochschule, die Wissenschaftskademie Berlin. Während meiner Studienzeit hatte ich bemerkt, dass ich außerhalb der Hörsäle viel mehr lernte als innerhalb. Deshalb sollten die Studenten dieser neuen Hochschule sehr wenig Zeit für ihr Studium benötigen: Zwei Seminare sollten für das Vordiplom ausreichen, zwei weitere für das Abschlussdiplom. So hatten die Studenten genügend Zeit für ihre eigenen Studien, und gleichzeitig ein Gerüst, das Orientierung gibt. Ein System das viel Freiheit lässt. Für den, der mit dieser Freiheit umgehen kann, ist dieses System ideal. Außerdem sollte die Trennung zwischen Dozenten und Studenten aufgehoben werden. Deshalb sollte jeder Student, der sich ein eigenes Thema erarbeitet hat, dieses als Seminar anbieten können. Und drittens sollte jeder an dieser Hochschule studieren können. Deshalb sollte es weder Zulassungsbeschränkungen noch Studiengebühren geben. Nach diesem Prinzip funktioniert die Wissenschaftsakademie Berlin bis heute sehr erfolgreich. Dieses Prinzip ist Der Dritte Weg.
Zwei Jahre nach der Gründung der Wissenschaftsakademie hatten sich viele Aktenordner in meinem Büro angesammelt. Ich versank im Chaos. Um dieses Chaos zu ordnen, brauchte ich Regale. Alle Regale, die es zu kaufen gab, waren geschmacklos, oder sie waren so teuer, dass ich sie mir nicht leisten konnte.
Ich sah nur noch zwei Wege: Mich dem Diktat der skandinavischen Möbelindustrie anzupassen, oder das Chaos hinzunehmen. Beide Wege waren für mich undenkbar. Ich überlegte eine Zeit lang und fand den Dritten Weg: Ich entwarf ein Regal, das sehr einfach, billig und praktisch war. Das Regal war aus wenigen Platten zusammengesetzt. Es war nicht nur für Aktenordner, sondern auch für Schallplatten, Telefonbücher, Pullover, Nahrung und Werkzeug geeignet.
Viele Menschen interessierten sich für dieses neuartige Regal, und ich entschloss mich, ein eigenes Möbel-Unternehmen zu gründen. Ich mietete Ladenräume, liess viele Regale herstellen und verkaufte sie in der ersten Moebel Horzon-Filiale. Nach diesem Prinzip funktioniert dieses Geschäft bis heute sehr erfolgreich. Dieses Prinzip ist Der Dritte Weg.
Gleichzeitig mit der Eröffnung der ersten Moebel Horzon-Filiale gründete ich die Unternehmensgruppe modocom, um alle Geschäfte besser koordinieren zu können. Heute umfasst modocom neben der Wissen-schaftsakademie Berlin und Moebel Horzon das Modelabel Gelée Royale, den www Verlag und seit kurzem die Baufirma Belfas.
Ich kann nicht behaupten, dass alle Teile dieser Unternehmensgruppe gleich erfolgreich sind. Das Modelabel Gelée Royale hat seit seiner Gründung zum Beispiel keine einzige Bestellung erhalten. Von meinen ersten beiden Büchern (Modern sein und Modern sein Vol.2) wurden insgesamt nur acht Exemplare verkauft, bevor ich die gesamte Restauflage wegwarf, weil mir viele Dinge, die ich geschrieben hatte, plötzlich sehr fragwürdig vorkamen. Aber wichtiger als der Misserfolg in Teilen ist der Erfolg der gesamten Gruppe. Es ist die erfolgreiche Umsetzung einer Idee. Diese Umsetzung ist der Dritte Weg.
Die Grundidee des Dritten Wegs ist: Nichts ist unveränderbar. Viele selbsternannte Lebensphilosophen versuchen den Menschen einzureden, dass das Glück darin liegt, bestimmte Dinge als unvermeidlich hinzunehmen. Zum Beispiel der leider sehr erfolgreiche Dale Carnegie in seinem Verzweiflungsbuch "Sorge dich nicht - lebe!". Er schreibt: "Im Laufe der Jahrzehnte werden wir viele unangenehme Situationen erleben, die einfach 'so sind'. Sie 'können nicht anders sein'. Wir haben die Wahl: Entweder akzeptieren wir sie als unvermeidlich und passen uns an, oder wir rebellieren und machen uns das Leben schwer und bekommen schliesslich vielleicht sogar einen Nervenzusammenbruch" (Kapitel 9: Akzeptieren Sie das Unvermeidliche).
Der Dritte Weg weiß, dass das Gegenteil wahr ist: Es gibt immer eine Möglichkeit, unsere Umgebung zu verändern, anstatt uns selbst zu verändern, bis wir unglücklich werden.
Diese Veränderung unserer Umgebung darf nicht bedeuten: die Zerstörung unserer Umgebung, zum Beispiel durch Sprengstoff. Auch wenn diese Methode für viele Menschen einen grossen Reiz hat, soll die Veränderung durch einen konstruktiven Gegenvorschlag passieren, der von allen als gut erkannt wird und sich damit durchsetzt. Damit dieser Gegenvorschlag Erfolg hat, ist es nicht nötig, die vorgefundene Situation komplett aufzuheben. In vielen Fällen müssen sogar nur Details verändert werden, um die Gesamt-Situation sehr annehmbar zu machen. Ein noch grösserer Fehler wäre es, die nötige Veränderung unserer Umgebung mit der Schaffung einer Parallelwelt zu verwechseln, in die wir uns retten, zum Beispiel durch Drogen, Sekten oder Kunst (Anm. 1). Dies wäre nur die Veränderung eines isolierten Umgebungs-Ausschnitts, der keine Wirkung auf die globale Umgebung hat. Die Umgebung sollte aber möglichst global verändert werden, damit alle Menschen von dieser Veränderung profitieren können und nicht nur ein kleiner Zirkel.
Der Dritte Weg ist das Mittel für diese Veränderung, und zwar nicht erst seit heute, sondern schon immer. Alle wichtigen Veränderungen, von denen wir heute profitieren, weil wir heute viel freier leben als vor hundert oder tausend Jahren, sind nach diesem Prinzip passiert: Menschen waren unzufrieden mit ihrer Umgebung, und anstatt sich dieser Umgebung anzupassen, haben sie sie verändert.
Jeder Mensch kann den Dritten Weg finden. Wir alle treffen jeden Tag Hunderte von Entscheidungen zwischen zwei Wegen. Wenn beide Wege ins Nichts führen, sollten wir einen anderen Weg gehen. Der Dritte Weg biegt als fast unsichtbarer Pfad an der Stelle ab, an der sich zwei breite Wege in die Verzweiflung gabeln. Der Dritte Weg wirkt abwegig, aber er ist der einzig richtige.
Ich erlebe täglich Situationen und Verhältnisse, die ich unerträglich finde. Wahrscheinlich geht es allen Menschen so. In solchen Momenten reicht es nicht aus, diese Verhältnisse zu analysieren, sie anzuprangern und sich dann zu arrangieren, sondern diese Verhältnisse sollten verändert werden.
Der Dritte Weg beschreibt keine Utopien, sondern reale Möglichkeiten, unsere Umgebung zu verändern. Jeder hat diese Möglichkeiten. Dieses Buch soll ein Anreiz sein, sie umzusetzen.
Am Ende steht eine verbesserte Welt. Der Weg dorthin ist Der Dritte Weg.